22.08.2006

 

Blutgruppen

 

Diese Seite ist aus einer Anfrage von zwei Schülerinnen entstanden, die mir im Rahmen einer Arbeit Fragen zu Blutgruppen stellten.

Das Thema hat direkt zwar nichts mit Infektionen zu tun und ist ein Thema der Immunologie, zeigt aber Zusammenhänge zwischen Abwehr von körperfremden Substanzen, wie sie zwischen Infektionserregern und dem menschlichen Körper, aber auch bei Blutgruppenunverträglichkeiten vorkommen. Daher habe ich diesen Beitrag als kleine Exkursion zum Thema "Blutgruppen" geschrieben.

 

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Hallo Herr Dr. Kuntz!

Wir müssen für die Schule eine Frage beantworten, die wir nicht verstehen! Können Sie uns bitte helfen? Wir sind per Suchmaschine auf Ihrer Seite gelandet und hoffen nun, dass sie uns helfen können!
Hier ist die Aufgabe:

Bei Blutübertragungen muss darauf geachtet werden, dass blutgruppengleiches Blut übertragen wird. Begründen Sie diese Aussage! Nennen Sie die vier Blutgruppen!

Bitte helfen Sie uns. Die Bombe tickt - noch bis nächsten Donnerstag (Freitag ist Abgabe!) und wir schreiben doch soviele Arbeiten, haben deshalb keine Zeit!

Sie würden uns damit einen riesigen Gefallen tun!

Danke schon mal im Vorraus!

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre Michaela und Johanna

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Die folgende Antwort ist wissenschaftlich zwar nicht exakt, für Eure Zwecke und für das medizinische Verständnis eines "Normalbürgers" wohl hinreichend genau (mehr Fakten bedeuten nicht immer mehr Verständnis!).

Es gibt beim Menschen verschiedene Blutgruppensysteme. Die zwei bekanntesten sind das AB0-System (AB0) mit den Blutgruppen A, B, 0, oder AB, und das Rhesus-System (Rh) mit dem Rhesusfaktor positiv (Rh+) oder Rhesus negativ (Rh-). Diese Blutgruppeneigenschaften liegen an der Obefläche der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Anders ausgedrückt: Menschen der Blutgruppe "A" haben rote Blutkörperchen der Blutgruppe "A", Menschen der Blutgruppe "B" rote Blutkörperchen der Gruppe "B". Und was ist mit der Blutguppe "AB" und "0" ? werdet Ihr jetzt fragen. Ganz einfach: Menschen der Blutgruppe "AB" haben sowohl "A" als auch "B"-Eigenschaften auf ihren roten Blutkörperchen, bei Blutgruppe "0" haben sie weder "A" noch "B". Das heißt aber nicht, daß sie "nichts" auf ihren roten Blutkörperchen haben, sondern sie haben die Eigenschaft "H", sozusagen eine Grundsubstanz, die alle Menschen haben, auch die der Gruppe "A" oder "B", aber ich denke, das müßt Ihr nicht wissen und führt uns zu weit.

Mit dem Rhesus-System (das wurde erst später entdeckt) ist es ähnlich: Es ist entweder vorhanden, dann ist der Mensch Rhesus-positiv (Rh+), oder nicht, dann ist er Rhesus-negativ (Rh-). Diese Gruppen sind voneinander unabhängig, das heißt, jeder Mensch hat eine Blutgruppe im AB0-System und im Rhesus-System. So kann der Eine "A+" (Blutgruppe A, Rhesus-positiv), der Andere "A-" (Gruppe A, Rhesus-negativ) sein usw. Somit ergeben sich folgende Kombinationen:

A+
A-
B+
B-
AB+
AB-
0+
0-

Die Blutgruppen sind in der Bevölkerung unterschiedlich verbreitet. Es gibt auch regionale Unterschiede. In Deutschland z.B. ist die Verteilung anders als in China - aber das nur nebenbei.
In Deutschland ist die häufigste Gruppe im AB0-System, die Blutgruppe 0, im Rhesus-System Rh+.
Statistisch gesehen ist in Deutschland also die Gruppe 0+. Am seltensten ist die Blutgruppe AB-. Das kann für die betroffenen Menschen dieser Blutgruppe ein ernsthaftes Problem darstellen, wenn sie z.B. einen Unfall haben und dringend Blut der Gruppe AB- benötigt wird. Spender dieser Blutgruppe sind also besonders begehrt!
Warum aber muß bei einer Blutspende auf gruppengleiches Blut geachtet werden?
Nun, in unserem Blut schwimmen nicht nur rote odert weiße Blutkörperchen herum, sondern es gibt auch flüssige Anteile, das Serum. In diesem sind Stoffe vorhanden, sogenannte Antikörper, die die Aufgabe haben, alles fremde im Körper zu bekämpfen und zu beseitigen, zum Beispiel Grippeviren. Hätten wir diese "Antikörper" nicht, würden wir nicht lange überleben und sehr schnell an Infektionskrankheiten sterben. Das bedeutet aber auch, daß für jeden Menschen der Blutgruppe "A" Blutkörperchen der Bruppe "B" fremd sind und umgekehrt. Auch "AB" wird als fremd erkannt, weil eines von beiden Merkmalen unbekannt und damit fremd ist. Bei Blutgruppe "0" werden sogar alle "A" oder "B" oder "AB"-Blutkörperchen bekämpft, weil sie fremd sind!
Bei den Rhesus-Faktoren ist es ähnlich: Ist ein Mensch "Rhesus-negativ", besitzt er keinen Rhesus-Faktor und sein Körper wird alle Blutkörperchen zerstören, die "Rhesus-positiv" sind.
Die Abwehrreaktionen des Körpers gegen Blutkörperchen mit fremden Blutgruppeneigenschaften können schwerwiegende gesundheitliche Störungen auslösen, die zum Schock, ja zum Tode führen können.

Deshalb ist es wichtig, nur blutgruppengleiches Blut zu übertragen!!!


Zum Schluß noch einige Anmerkungen für dijenigen, die an mehr Informationen interessiert sind:
1. Kann man mit einer Blutgruppenuntersuchung die Vaterschaft bestimmen?
2. Mein Vater hat die Blutgruppe "A", meine Mutter und ich die Blutgruppe "B". Also ist mein Vater gar nicht mein Vater?
3. Bei der Geburt meines Kindes hat man mir gesagt, man könne die Blutgruppe des Kindes noch nicht endgültig bestimmen. Wie ist das möglich? Ich dachte, die Blutgruppe würde sich niemals ändern?
4. Was hat eine Neugeborenen-Gelbsucht mit der Blutgruppe der Eltern zu tun?

Zu 1.:
Zu Zeiten, als es noch keine DNA-Analysen ("Erbgut-Bestimmung") gab, hat man tatsächlich Blutgruppenbestimmungen zum Vaterschaftsnachweis mit herangezogen. Das heißt, bestimmte Konstellationen konnten ausgeschlossen oder "wahrscheinlich" angenommen werden, da es noch viele weitere Blutgruppeneigenschaften gibt, die hier nicht aufgeführt sind und deren unzählige Kombinationen eine Vaterschaft wahrscheinlich oder unwahrscheinlich machten.

Zu 2.:
Das wäre ein Trugschluß! Aus dem Biologieunterricht wissen wir, daß wir ein Gen von unserem Vater und eines von unserer Mutter mitbekommen. Wir besitzen also ZWEI Teile! Für die Blutgruppeneigenschaft "A" oder "B" reicht es aus, wenn EINES die Eigenschaft "A" oder "B" besitzt, das andere Gen kann die Eigenschaft "0" besitzen. Das bedeutet, der Erythrozyt eines Menschen kann die Eigenschaft "A-A" oder "A-0" besitzen, es kommt immer Blutgruppe "A" heraus. Bei "B" ist es genauso. Und Menschen der Gruppe "AB" haben beide Eigenschaften, jeweils eine von einem Elternteil. Hier ist mit Sicherheit ein Elternteil Gruppe "A", der andere Gruppe "B". Trotzdem können die Kinder dieses Paares sowohl Blutgruppe "A", "B", "AB" und "0" besitzen! Wie ist das möglich ???
Schauen wir uns die möglichen "Genotypen" (= "genetische Blutgruppe") an:

Vater "A" ("Phänotyp", d.h. die Blutgruppe, die festgestellt wurde.
Mutter "B" ("Phänotyp")
Genetisch kann der Vater folgende Konstellationen besitzen:
"A-A" (beide Gene Gruppe "A")
"A-0" (hat die Gene der Blutgruppe "A" und "0" !!!)

Analog bei der Mutter:
Mutter "B-B" (beide Gene Gruppe "B")
"B-0" (hat die Gene der Blutgruppe "B" und "0" !!!)

Die Kinder können folgende Blutruppen erben:
"A-0" (Blutgruppe A)
"A-B" (Blutgruppe AB)
"B-0" (Blutgruppe B)
"0-0" (Blutgruppe 0)

Zu 3.:
Die Blutgruppe eines Menschen ändert sich in der Tat lebenslang nicht. Trotzdem kann es sein, daß man die Blutgruppe bei der Geburt noch nicht endgültig bestimmen kann. Das liegt daran, daß sich die Blutgruppeneigenschaften des Rhesus-Systems zwar normalerweise schon im Mutterleib ausbilden, nicht aber die AB0-Eigenschaften. Diese werden u.U. erst nach der Geburt volständig entwickelt, so daß man die Blutgruppe nur unter Vorbehalt bestimmen kann.

Zu 4.:
Ist die Schwangere Rhesus-negativ, das Kind aber Rhesus-positiv, können Rhesus-Antikörper der Mutter in den kindlichen Kreislauf gelangen und zu einer Zerstörung der kindlichen Erythrozyten führen. In schweren Fällen kommt es zu einer Gelbsucht (Ikterus neonatorum) und Gehirnschäden, bis hin zur Totgeburt. Ob die Gefahr einer Unverträglichkeit besteht, kann schon während der Schwangerschaft (ab ca. 22 Woche) festgestellt werden.
Normalerweise besteht bei einer Rhesus-Unverträglichkeit die Gefahr erst ab dem 2. Kind, und zwar dann, wenn die Mutter bei der Geburt des ersten Kindes durch dessen rhesus-positive rote Blutkörperchen "sensibilisiert" wurde.

Durch rechtzeitige Vorsorgeuntersuchungen lassen sich diese Komplikationen vermeiden !!!

 

 

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Letzte Bearbeitung: 22.08.2006

Diese Homepage wurde erstellt von Dr. med. P. Kuntz

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